Konzertprogramm 22.10.2011, Speyer (Dom)

Dom, Speyer (Foto: Lokilech)
Franz Liszt (1811-1886) - Zum 200. Geburtstag
  • Praeludium und Fuge über B.A.C.H.
  • Evocation à la Chapelle Sixtine
  • „Orpheus“
  • Fantasie über den Choral „Ad nos, ad salutarem undam“

Presseecho

Spiel der Superlative

Eberhard Lauers Orgelkonzert im Speyerer Dom

von Kurt Witterstätter

Eine fulminante Ehrung ist Eberhard Lauers Konzert im Speyerer Dom gewesen: Der Hamburger Domkirchen-Organist spielte am Samstagabend vier Kompositionen Franz Liszts in feinsinnigen Klangbädern, großzügiger Linie und mitreißendem Schwung.

Der Orgelabend Lauers, der 1985 den Speyerer Orgelwettbewerb gewann, wurde zu einem Konzert der Superlative. Das Hauptschiff war voll besetzt. Offensichtlich hatten sich die Orgelfreunde viel von der berührenden Stimmungssuggestion und der überbordenden Fantasie des Jahresjubilaren erwartet, dessen 200. Geburtstag man just am Konzerttag beging.

Sie wurden nicht enttäuscht. Der Organist spielte zwei großzügige Kompositionen Liszts als Eckwerke. Gleich zu Beginn ließen im 1856 entstandenen Präludium und Fuge über B-A-C-H aufrauschende Manualpassagen und wuchtig markiertes Bass-Pedalspiel aufhorchen. Markant gesetzte Plenumsakkorde demonstrierten den Strahlglanz der neuen Seifert-Orgel. Aber Lauer wäre nicht der gut strukturierte Interpret, wenn er nicht mit sinnvollen Temporückungen den fantasieartigen Aufbau von Liszts Bach-Hommage verdeutlich hätte.

Auch in der abschließenden Meyerbeer-Paraphrase „Ad nos, ad salutarem undam“ von 1855 mit ihrem frohgemuten Choral-Gestus überzeugte Lauer in dynamisch bewegtem Duktus und in raffenden Entwicklungen mit der großen Linie. Sprudelnde Figuren und atemberaubendes Tempo begeisterten. Prophetische Kraft teilte sich ebenso wie sanfte Tröstung mit. Delikate Bläserregister bewegten genauso wie die stakkatiert in die Schlussfuge führenden rasenden Passagen. Lauer machte dieses Großwerk zu einem Gesamtkunstwerk von Form und Aussage. Sagen Pianisten, bei Liszt brauche man vier Hände, so suggerierte Lauer, auf der Orgelbank auch noch mit vier Füßen zu agieren.

Geschickt platzierte der Hamburger zwei stimmungsvollere Werke in die Mitte, die allerdings auch bedrohlichere Gebärden einschlossen. So verklären in der „Evocation à la Chapelle Sixtine“ von 1862 die zart-feinsinnigen Brechungen von Mozarts „Ave verum“ ein angstvolles „Miserere“-Klagen. Genauso poetisch erzählte Lauer in der 1860 entstandenen Transkription der sinfonischen Dichtung „Orpheus“ nach dem tobenden Furor der Unterwelt mit ihren pochenden Motionen von den elysäischen Gefilden im zart schwebenden Diskantspiel. In verklärter Entrücktheit gestaltete er den Ausklang von Liszts Musikdichtung.

Rheinpfalz, 24.10.2011